Armand

Fredéric „Armand“ Strubberg

(1806–1889)

Biogramm

Illustration 1

Fredéric Armand Strubberg wird am
18.3.1806 in Kassel geboren. Er erhält eine um­fas­sen­de Erziehung, besucht das Lyzeum, lernt Fremdsprachen und wird im Fechten, Schie­ßen und Reiten unterrichtet. Mit 16 Jahren tritt Armand in ein Bremer Handelshaus als Volontär ein, um sich Kenntnisse des Über­see­han­dels anzueignen. In Bremen verliebt er sich in die Kaufmannstochter Antoinette Sattler. Er gerät in Auseinandersetzungen mit einem eifersüchtigen Vetter des Mäd­chens, welche schließlich zum Duell führen. Er siegt, muss aber vor Strafverfolgung fliehen und geht
1826 nach Nordamerika. Im Spätherbst
1829 zurück in Deutschland, tritt er in die Tabakfabrik seines Vaters ein. Etwa
1841 zwei Jahre bevor sein Vater stirbt und die Tabakfabrik verkauft wird, begibt er sich als Großhandelskaufmann und Vertreter europäischer Tabakfirmen wieder nach Amerika, wo er sich vor allem in New York, Baltimore, Richmont und Habana aufhält. Ende des Jahres
1843 verschwindet er plötzlich aus ungeklärter Ursache. Nach eigenen Angaben in dem autobiographischen Roman Bis in die Wildnis (Breslau 1858) war der Grund ein Duell mit dem Neffen des Gouveneurs von Maryland, welches für diesen tödlich endete. (Dieses Duell ließ sich bis jetzt nicht verifizieren.) Am
Illustration 2 3.1.1844 befindet er sich auf dem Ohio-Mississippi-Dampfer „Sheperdess“, als dieser in St. Louis kentert und sinkt. Bei dem nun folgenden Zwangsaufenthalt in St. Louis macht er bei einem aus Deutschland stammenden Arzt ei­nen Schnellkurs in Medizin. Als „Dr. Frederick Shubbert“ geht er in das In­dia­ner­ge­biet von Texas, um sich hier als Ansiedler nie­der­zu­las­sen. Aus gesundheitlichen Gründen und we­gen der immer größer werdenden Bedrohung durch die Indianer gibt er
1846 sein Fort an der Indianergrenze auf. Er wird Kolonialdirektor des vom so­ge­nann­ten „Main­zer Adelsvereins“ neugegründeten Ortes Frie­drichs­burg, wird aber nach Zerwürfnissen mit Funktionären
1847 wieder von seinem Posten enthoben. Am
28.10.1847 wird Armands Farm überfallen, wobei der Schweizer Maler Rohrdorf ums Leben kommt. Die Streitigkeiten und Prozesse mit dem Adelsverein enden da­mit, dass Armand eine Entschädigung von 3.000 Dollar erhält.
1848 lässt sich Armand im Ort Camden in Arkansas als Landarzt nieder, wobei er sich bei der Bekämpfung der Cholera Verdienste erwirbt.
1854 wird er bei der Jagd von einem giftigen Insekt ins Auge gestochen und muss Sorge um sein Augenlicht haben. Aus diesem Grund fährt er noch im selben Jahr zurück nach Europa, wo er in verschiedenen Städten Augenspezialisten aufsucht. Nach erfolgter Heilung beschließt er, zunächst bei seiner Schwester in Kassel zu bleiben und später nach Amerika zurückzukehren.
Hier in Kassel beginnt seine Karriere als Schriftsteller.
1855 schickt er Manuskripte an den Verlag Cotta ein, was nach einigen Schwie­rig­kei­ten dazu führt, dass im Jahr
1858 das Buch Amerikanische Jagd- und Reiseabenteuer bei Cotta erschien. Kurz vorher ist noch bei E. Trewendt in Breslau seine romantisierte Autobiografie Bis in die Wildniß erschienen. Durch den großen Erfolg der Amerikanischen Jagd- und Reiseabenteuer angespornt, schreibt er jetzt in schneller Folge weitere Bücher.
1863 erscheint Carl Scharnhorst, Abenteuer eines deutschen Knaben in Amerika, ein Klassiker der Abenteuerliteratur, mit Auflagen bis weit in das 20. Jahrhundert hinein.
1864 wird seine Plantage in Arkansas von Nordstaaten-Soldaten geplündert und in Brand gesteckt. Dies und der große Erfolg seiner schriftstellerischen Tätigkeit veranlassen ihn, in Deutschland zu bleiben.
1866 heiratet er seine einstige Jugendliebe Antoinette Sattler, welche sich bei ihm gemeldet hat. Sie verschweigt ihm aber, dass sie die ganzen Jahre im Irrenhaus zugebracht hat. Sie stirbt bald darauf in geistiger Umnachtung.
1876 verliert er seine Schwester, zu der er ein sehr enges Verhältnis hatte.
1885 zieht er sich nach Gelnhausen zurück, wo er am
3.4.1889 stirbt.

 

Beurteilung

Illustration 3
… Volontär, Kommissionär, Ansiedler in der Wildnis, Ko­lo­nial­di­rek­tor, Arzt, Schriftsteller, Advokat: die Unstetigkeit und Unrast von Strubbergs Leben spiegelt sich in all diesen wechselnden Situationen. Strubberg, Frederick Shubberg, Dr. Shubbert, Armand, Norwald: auch die Namen, Schrift­stel­ler­pseu­do­ny­me und Decknamen eines Flüchtigen kennzeichnen des Abenteurers und Schriftstellers ständige Flucht aus dem gerade vertrauten Leben, gezwungen durch verhängnisvolle Umstände oder getrieben durch die Lust am Aufbruch. Auf­bruch und Traum vom besseren Leben: ob der Kasseler Beau am Broadway flanierte, in seinem Habitus und Gestus eine Protesthaltung gegen die Gesellschaft ausdrückend, die zu­gleich aber der Gesellschaft nicht entbehren konnte, da er die Eitelkeit des Applauses bedurfte, oder ob Strubberg ein robinsonhaftes Leben in der Wildnis suchte, immer ist es ein Sich-nicht-Zufriedengeben mit dem Gewohnten, das seine Träume bestimmte. Immer suchte er – und darin gleicht er Gerstäcker – das andere Leben, das er in der Realität nicht finden konnte. […] Strubberg war älter als fünfzig Jahre, als er seine Schriftstellerkarriere begann, die zudem noch durch die mehr als zehnjährige Ad­vo­ka­ten­tä­tig­keit für das hessische Fürstenhaus unterbrochen wurde. Rechnet man die un­be­deu­ten­den dramatischen Versuche […] auch nicht mit, so hinterließ der schreib­freu­di­ge Schriftsteller in seiner kurzen Schaffenszeit seiner Leserschaft ein Werk von fast fünfzig Romanbänden. CARL SCHARNHORST blieb bekannt, das übrige Werk wartet auf die Wie­der­ent­deckung. Bernd Steinbrink: Abenteuerliteratur in Deutschland. Studien zu einer vernachlässigten Gattung.
Tübingen, Max Niemeyer Verlag, 1983
 

Primärliteratur


1858 AMERIKANISCHE JAGD- UND REISEABENTEUER AUS MEINEM LEBEN IN DEN WESTLICHEN INDIANERGEBIETEN. Mit 24 vom Verfasser nach der Natur entworfenen Skizzen — Stuttgart—Augsburg, J. G. Cotta’scher Verlag, 1858, (VI 460 S.) Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek 1858 BIS IN DIE WILDNISS — Breslau, Verlag von Eduard Trewendt, 1858, 4 Bde. (VIII 312 S.; IV 343 S.; VI 266 S.; IV 264 S.) Erster Band. | Zweiter Band. | Dritter Band. | Vierter Band. 1859 ALTE UND NEUE HEIMATH — Breslau, Verlag von Eduard Trewendt, 1859, (VII 360 S.) Erster Band. 1859 AN DER INDIANERGRENZE — Hannover, Carl Rümpler, 1859, 4 Bde. (VI 278 S.; VIII 275 S.; VI 259 S.; VI 280 S.) Erster Band. | Zweiter Band. | Dritter Band. | Vierter Band. 1859 SCENEN AUS DEN KÄMPFEN DER MEXICANER UND NORDAMERIKANER — Breslau, Verlag von Eduard Trewendt, 1859, (VI 287 S.) Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek 1860 DIE QUADRONE. Aus dem Leben
In: Illustrirtes Panorama der Welt und des Lebens. Haus- und Familienbuch für Jedermann. Erster Band — Berlin, Verlag von Brigl & Lobeck, 1860, mit 6 Illustrationen von Gustav Bartsch Digitalisat der Österreichischen Nationalbibliothek Ferner in: Gewerbliches Tageblatt und Anzeiger für Kassel und Umgebung. 7. Jahrgang, Nr. 181–197 — Kassel, 1860
1862 aufgenommen in: SCLAVEREI IN AMERIKA oder SCHWARZES BLUT
1860 RALPH NORWOOD — Hannover, Carl Rümpler, 1872, 5 Bde. (XII 293 S.; VI 289 S.; VI 288 S.; VI 289 S.; VI 243 S.) Erster Band. | Zweiter Band. | Dritter Band. | Vierter Band. | Fünfter Band. 1862 SEMONA oder SCHWARZES BLUT. Ein Roman aus dem amerikanischen Scla­ven­le­ben von F. Strubberg
In: Illustrirtes Panorama. Familien-Magazin. Malerische Blätter für Herz und Welt. Dritter Band — Berlin, B. Brigl, 1862, mit 16 Illustrationen von Gustav Bartsch
Im gleichen Jahr unter dem Titel DIE NEGERIN aufgenommen in: SCLAVEREI IN AMERIKA oder SCHWARZES BLUT
dilibri-Digitalisat 1862 SCLAVEREI IN AMERIKA oder SCHWARZES BLUT — Hannover, Carl Rümpler, 1862, 3 Bde. (VIII 262 S.; 272 S.; 331 S.) Erster Band. Die Quadrone. | Zweiter Band. Die Mulattin. | Dritter Band. Die Negerin. 1863 CARL SCHARNHORST. Abenteuer eines deutschen Knaben in Amerika. Mit 6 Bildern in Farbendruck, nach Zeichnungen von August Hengst — Hannover, Carl Rümpler, 1863, (VI 318 S.) Digitalisat bei archive.org 1864 DER SPRUNG VOM NIAGARAFALLE — Hannover, Schmorl & von Seefeld, 1864, 4 Bde. (VI 296 S.; VI 299 S.; VI 272 S.; VI 250 S.) Erster Band. | Zweiter Band. | Dritter Band. | Vierter Band. 1866 IN MEXIKO — Hannover, Schmorl & von Seefeld, 1866, 4 Bde. (VI 270 S.; VI 268 S.; VI 248 S.; VI 227 S.) Erster Band. | Zweiter Band. | Dritter Band. | Vierter Band. 1866 SAAT UND ERNTE — Leipzig—Wien, Ernst Julius Günther—Albert Last, 1866, 5 Bde. (IV 204 S.; IV 201 S.; IV 200 S.; IV 160 S.; IV 169 S.)
(= Album. Bibliothek deutscher Originalromane. 21. Jg., Bde. 9–13)
Erster Band. | Zweiter Band. | Dritter Band. | Vierter Band. | Fünfter Band. 1867 FRIEDRICHSBURG, die Colonie des deutschen Fürsten-Vereins in Texas — Leipzig, Friedrich Fleischer, 1867, 2 Bde. (XII 233 S.; VI 236 S.) Erster Band. | Zweiter Band. 1868 AUS ARMAND’S FRONTIERLEBEN — Leipzig, J. Werner, 1868, 3 Bde. (VII 252 S.; VI 236 S.; VII 266 S.) — Hannover, Carl Rümpler, 1868, 3 Bde. (XVIII 252 S.; XVI 236 S.; XVI 266 S.) Zweite Ausgabe Erster Band. | Zweiter Band. | Dritter Band. 1868 IN SÜD-CAROLINA UND AUF DEM SCHLACHTFELDE VON LANGENSALZA — Hannover, Carl Rümpler, 1868, 4 Bde. (VI 240 S.; IV 240 S.; IV 228 S.; IV 203 S.) Erster Band. | Zweiter Band. | Dritter Band. | Vierter Band. 1870 DER KRÖSUS VON PHILADELPHIA — Hannover, Carl Rümpler, 1870, 4 Bde. (IV 275 S.; IV 279 S.; IV 253 S.; IV 264 S.) Erster Band. | Zweiter Band. | Dritter Band. | Vierter Band. 1872 DIE ALTE SPANISCHE URKUNDE — Hannover, Carl Rümpler, 1872, 2 Bde. (IV 275 S.; IV 258 S.) 1872 DIE FÜRSTENTOCHTER — Hannover, Carl Rümpler, 1872, 3 Bde. (IV 249 S.; IV 212 S.; IV 203 S.) Zweiter Band. 1873 DER METHODISTEN-GEISTLICHE — Prag, Verlag der Actiengesellschaft Bohemia, [1873] (III 205 S.)
(= Interessante Gestalten. Bibliothek neuer Romane und Erzählungen ; 3)
1874 ZWEI LEBENSWEGE. Mit vier Illustrationen in Farbendruck und einem Kärtchen — Prag, Verlag der Bohemia, 1874, (IV 236 S.) Digitalisat der Technischen Universität Braunschweig 1875 DIE GERAUBTEN KINDER. Eine Erzählung aus Texas für die Jugend — Breslau, Verlag von Eduard Trewendt, [1875], (IV 294 S.) mit 4 Bildern in lithogr. Farbendruck von Prof. H. Bürkner 1878 VORNEHM UND BÜRGERLICH. Roman aus dem Leben In: Krefelder Zeitung 1882 GUSTAV ADOLF. Trauerspiel in 5 Aufzügen — Cassel, Trömner, 1882, (87 S.) 1883 DER FREIGEIST. Schauspiel in 3 Aufzügen — Kassel, Trömner, 1883, (47 S.)

 

Sekundärliteratur


1988 Siegfried Augustin/Egon Renner: Armand-Bibliographie  In:
Lexikon der Reise- und Abenteuerliteratur. Grundwerk Meitingen, Corian-Verlag Heinrich Wimmer, Dezember 1988 1996 Aiga Klotz: KINDER- UND JUGENDLITERATUR IN DEUTSCHLAND 1840–1950. Band I Stuttgart—Weimar, J. B. Metzler, 1996